Arae flaviae – das römische Rottweil im Dominikanermuseum Rottweil

p1070236Heute möchte ich das Dominikanermuseum in Rottweil vorstellen. Es ist ein kleines aber wirklich feines Museum, das einige Schätze zu bieten hat. Unter einem Dach beherbergt es insgesamt drei Ausstellungen: Die „sammlung durch – sakrale kunst des mittelalters“ umfaßt etwa 180 Holzbildwerke und Altarblätter des 14. bis frühen 17. Jh., im „kunst raum rottweil – museum der gegenwart“ werden wechselnde Ausstellungen der Gegenwartskunst gezeigt und „römisches rottweil – arae flaviae“ führt den Besucher zu den Anfängen der ältesten urkundlich belegten Stadt Baden-Württembergs. Letztere habe ich mir mal  näher angesehen.

Rottweil, die urkundlich belegt älteste Stadt Baden-Württembergs, geht auf eine römische Gründung zurück. Erste Spuren stammen aus dem 1. Jh. n. Chr., als unter Kaiser Vespasian das Gebiet besetzt und durch insgesamt fünf Kastelle gesichert wurde, die bis 110 n. Chr. zum Teil nacheinander zum Teil aber auch zeitgleich bestanden.

Handel als wichtiger Faktor für die Böüte einer römischen Stadt

Ein erster Blick in die Ausstellung

m Umfeld dieser Kastelle entstand eine Zivilsiedlung, die sich zu einem lokalen Zentrum entwickelte. Das Stadtrecht als „municipium“ erhielt Area Flaviae, so die römische Bezeichnung Rottweils, wohl unter Kaiser Trajan (98-117 n. Chr.), vermutlich im Zusammenhang mit dem Abzug der römischen Truppen. Der Titel „municipium“ wurde vom Kaiser vergeben und bedeutete, daß die Einwohner (teilweise) das römische Bürgerrecht erhielten, auch wenn sie nicht als römische Bürger geboren worden waren. Manche Bevölkerungsgruppen, z. B. Frauen, konnten von dieser Regelung jedoch ausgeschlossen sein, wodurch sich das „municipium“ von der „colonia“ unterschied. Belegt ist dieser Satus durch eine Doppelurkunde in Form eines Wachstäfelchens aus dem Jahr 186 n. Chr., in welcher arae flaviae als „municipum“ bezeichnet wird.

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In der Urkunde auf dem Wachstäfelchen aus dem Jahr 186 n. Chr. wird arae flaviae als municipium genannt

In der Urkunde auf dem Wachstäfelchen aus dem Jahr 186 n. Chr. wird arae flaviae als municipium genannt

Dieses Wachstäfelchen, in dessen Holz sich der Urkundentext durch die Wachsauflage hindurch eingedrückte hatte, ist denn auch das zentrale Ausstellungsstück dieser Abteilung. Es ist gleich im ersten Raum zu sehen, der den Besucher in das Thema „Stadtleben im Römischen Reich“ einführt.

In der Ausstellung werden unter dem Titel „Ein Tag im römischen Rottweil“, beginnend mit dem morgendlichen Besuch auf dem Forum verschiedene Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens bis hin zum abendlichen Festmahl vorgestellt. Im Obergeschoß sind diese mit „Forum“, „Stadtrecht“, „Geld“, „Architektur“ und „Handel“ überschrieben. Im Untergeschoß des in den Hang hinein gebauten Gebäudes fokussiert die Ausstellung dann zum einen die Kastelle und das Leben der Legionäre, zum anderen das eher zivile Leben der nicht unvermögenden Bürger Rottweils.

kostbare Gläser gehörten zur Tischkultur im römischen Reich

kostbare Gläser gehörten zur Tischkultur im römischen Reich

Hier erhält man Auskunft über die Zusammensetzung und Versorgung der Bevölkerung, deren Götter, Tempel und Bestattungsriten sowie über Vergnügen und Zeitvertreib im Theater, in den Thermen und bei Festgelagen, die fast schon zur Tagesordnung gehört haben dürften.Das scheinen jedenfalls die Funde hochwertiger Glas- und Keramikgefäße zu bezeugen. Solche Festgelage dienten allerdings nicht alleine dem Vergnügen, sondern auch der Repräsentation des Hausherrn und dem „networking“. Hierfür standen in den privaten Villen repräsentative, mit Mosaiken und Wandmalereien ausgestattete Räumlichkeiten zur Verfügung.

 

the must-have-seens

Das Orphaus-Mosaik aus einer römischen Privatvilla in Rotweil

Das Orphaus-Mosaik aus einer römischen Privatvilla in Rotweil

Gleich am Fuße der Treppe zum Untergeschoß empfängt uns ein solches Mosaik aus einer Privatvilla, das Orpheus-Mosaik. Es bezeugt nicht nur den immensen Reichtum des Hausherrn, sondern auch seinen Sinn für die Künste, vornehmlich Tanz und Gesang. Die Motive solcher Mosaike waren individuell auf den Auftraggeber abgestimmt und zeigten dem Besucher sofort, mit wem er es zu tun hatte: mit einem Liebhaber der schönen Künste (Orpheus), einem trinkfreudigen Gastgeber (Bacchus), einem Fan von Wagenrennen (Polidus und sein Pferd Compressor) oder einem an Naturwissenschaften (Anaximander) interessierten Hausherrn. Besonders seltene Motive wie das ebenfalls in Rottweil gefundene Mosaik mit der Darstellung von Sol und Leukothoe ließen den Gastgeber hingegen als besonders gebildet erscheinen.

aus einem einzigen Stein gehauen: das Labrum aus dem Bad unter St. Pelagius

aus einem einzigen Stein gehauen: das Labrum aus dem Bad unter St. Pelagius

Ebenfalls Teil dieses (luxuriösen) Lebens im römischen Rottweil war der tägliche Besuch in den Thermen. Ohne Thermen ist eine römische Stadt einfach nicht denkbar. Rottweil besaß mehrere davon. Jedes der Kastelle hatte ein solches Bad und natürlich gab es auch außerhalb der Kastelle eine öffentliche Therme. Thermen an sich waren in römischen Städten also nichts Außergewöhnliches. Rottweil kann jedoch mit zwei Highlights in diesem Bereich aufwarten: Zum einen wurde schon 1898 ein Labrum gefunden, das wohl zuerst in einem der Kastellbäder, später dann im Bad unter der Kirche St. Pelagius genutzt worden war. Es hat einen Durchmesser von mehr als 2 m und war aus einem einzigen Steinblock herausgearbeitet worden. Aus demselben Bad stammt ein Umschaltwasserhahn, mit dem die Badenden mit fließend kaltem oder warmen Wasser versorgt werden konnten – und das bereits im 2. Jh. n. Chr.!

cool and elegant design

bunte Tablaeus setzen Farbakzente

bunte Tablaeus setzen Farbakzente

Das Design der Ausstellung, die im Rahmen einer Erweiterung neu konzipiert und 2011 wiedereröffnet wurde, gefällt mir sehr gut. Grundfarbe ist ein helles Grau, das die Räume vor allem im Obergeschoß weit wirken läßt, aber auch im Untergeschoß, in dem weniger Tageslicht zur Verfügung steht, kein Gefühl von Enge vermittelt. Dabei wirkt es keinesfalls langweilig, eher sogar als neutraler Hintergrund für die mitunter farbintensiven Exponate, wie die rote Terra Sigilata Keramik, grün schimmernde Bronzen oder bunte Gläser. Zusätzliche Farbakzente setzen einzelne, kräftig gelbe oder rote Tableaus in den Vitrinen und eine in rot und gelb bemalte Wand, so wie man sie sich in einer römischen Villa vorstellen könnte.

p1070129-1Die Vitrinen sind über den ganzen Raum verteilt. Es gibt Tischvitrinen, freistehende Vitrinen sowie Wandvitrinen, in welchen die Exponate in unterschiedlicher Blickhöhe jedoch immer gut einsehbar platziert sind. Dadurch gestaltet sich der Rundgang abwechslungsreich, ohne daß der Besucher zu akrobatischen Verrenkungen genötigt wird, um einzelne Exponate genauer betrachten zu können. Selbst Kinder brauchen weder den Hals zu renken noch auf Zehenspitzen zu stehen, um alle Exponate in die Vitrinen gut sehen zu können.

Ein- und weiterführende Informationen erhält man über Texttafeln die gut lesbar und verständlich geschrieben sind. Diese sind meist eingebettet in Zeichnungen von Alltagsszenen, welche die Textinhalte zusätzlich veranschaulichen.

Elektronische Medien kommen äußerst spärlich zum Einsatz. Es gibt einen Film zur Ausstellung und es soll ein interaktives Spiel zur Ausstellung geben, das den Alltag der römischen Bewohner während des Rundgangs erlebbar machen soll. Für das Spiel benötigt man einen Taschencomputer, den wir uns gegen eine kleine Gebühr und ein Pfand ausleinen hätte können. – Hätten wir sicher auch getan, hätte man uns an der Kasse denn darauf aufmerksam gemacht. Hat man aber nicht und so kamen wir mangels Kenntnis dieser Möglichkeit nicht in diesen Genuß. Schade! Womit wir aber beim Kassenpersonal wären …

An der Kasse …

… wurden wir erst einmal sehr freundlich empfangen. Der Besucherandrang war, sagen wir mal, sehr überschaubar, denn außer uns (wir waren zu zweit) waren vielleicht noch 10 weite reBesucher im Haus. Trotzdem schien die beiden Damen an der Kasse leicht überfordert zu sein.

Das erste Problem stellte mein Pass Musèes dar, in welchem noch die Gültigkeitsdauer eingetragen werden mußte, da ich ihn an diesem Tag erstmals benutzte und er von nun an ein Jahr Gültigkeit besaß. Mir schien fast, als hätten die beiden Damen einen solchen Museumspass erstmals in ihren Händen. Und dann mußte der Pass auch noch eingescannt und in der Kasse verbucht werden …

Das nächste Problem war unser Gepäck. Da wir mit dem Fahrrad unterwegs waren, hatten wir natürlich jeder einen Tagesrucksack dabei, für den es allerdings keine Schließfächer gab. Die Damen mußten unsere Rucksäcke also in ihrem kleinen Kämmerchen hinter der Kasse in Gewahrsam nehmen. Das taten sie auch bereitwillig, engte jedoch ihre Bewegungsfreiheit während unseres Besuches erheblich ein. Das war mir unangenehm. Allerdings hatte ich wirklich nicht damit gerechnet, daß es in einem Museum, sei es noch so klein, keine Schließfächer geben könnte.

Nachdem schließlich alle diese Hürden überwunden waren, konnten wir uns endlich in die Ausstellung begeben – allerdings ohne interaktives Museumsspiel, denn dieses hatten die Damen ganz vergessen, uns anzubieten.

Mein Fazit

p1070206Das Dominikanermuseum in Rottweil ist meiner Meinung nach wirklich einen Besuch wert. Es bietet dem Besucher drei hochwertige Ausstellungen, von welchen alleine schon die römische Abteilung für sich einen Besuch lohnt.

Ein Rundgang durch diese Ausstellung führt den Besucher in die Geschichte Rottweils ein, gibt einen Überblick über die Organisation des römischen Militärs sowie das Leben der Legionäre in einem Kastell des 1. Jh. n. Chr. und vermittelt einen umfassenden Einblick in das Leben in einer römischen Stadt mit all seinen Facetten.

Die Ausstellung ist ansprechend und abwechslungsreich gestaltet und mit einer Vielzahl hochwertiger Exponate sowie einigen echten Leckerbissen, wie dem Orpheus-Mosaik oder dem Labrum bestückt.

Das Kassenpersonal war bei unserem Besuch zwar mit unserem Gepäck und dem Pass Musées leicht überfordert, dabei aber stets sehr freundlich und hilfsbereit. Der Pass Musées, so hoffe ich, sollte nun kein Problem mehr darstellen, da der Erstfall nun ja geprobt wurde. Für die Gepäck-Frage, rate ich dem Museum zur Anschaffung geräumiger Schließschränke und den Besuchern, vorerst keine Taschen größer als DIN-A 4 mitzuführen.

Positiv möchte ich zum Schluß noch anmerken, daß das Fotografieren im Museum uneingeschränkt erlaubt ist, so daß ich diesen Beitrag auch mit ein paar visuellen Eindrücken versehen kann.

 

4 Gedanken zu „Arae flaviae – das römische Rottweil im Dominikanermuseum Rottweil

  1. Sam Jones

    Faszinierend! Lieben Dank für Deinen Bericht. Alles, was Archäologie betrifft (wobei mich besonders die römische und die ägyptische Kultur fasziniert) hat immer mein Interesse.

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  2. Sam Jones

    Nachtrag: Wir haben Freunde in Rottweil. Ich werde, wenn wir sie wieder mal besuchen, sicher an diesen Blogbeitrag denken und dieses kleine, aber feine Museum besuchen.

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